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Karl May - eine kritische Hommage. 21.+22.01.2012
Karl May - eine kritische Hommage zum 100. Todesjahr
- Eine Karl-May-Veranstaltung in Freiburg im Breisgau -
Vor dem Hintergrund der vielen Bezüge, die es zwischen Karl May und Freiburg gibt, lag es auf der Hand, zum Einstieg in das Karl-May-Jubiläumsjahr 2012 auch in Freiburg eine größere Karl-May-Veranstaltung anzubieten. Die Initiative hierzu ging von der Akademie für Weiterbildung Waldhof e.V. (Im Waldhof 16, 79117 Freiburg) unter der Leitung von Dr. Karl Kunibert Schäfer aus. Für das Wochenende des 21. und 22. Januars wurden drei Referenten für drei verschiedene Themenbereiche eingeladen. Ungewöhnlich war hierbei gewiss, dass für die Referate jeweils zwei bis drei Stunden vorgesehen waren, so dass sich die Teilnehmer auf eine geballte Ladung an Informationen gefasst machen konnten.
Dass sich letztendlich dreißig Zuhörer für dieses Seminar anmeldeten, bot schon einmal gute Voraussetzungen für eine kleine Erfolgsgeschichte. Positiv war auch die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises, der die unterschiedlichsten Schichten umfasste. Vom Universitätsprofessor bis zur Hausfrau, von Mitgliedern der Karl-May-Gesellschaft bis zur Rentnerin, deren einziger Karl-May-Bezug in der Tatsache bestand, dass sie mit zwölf Jahren mit Begeisterung Winnetou gelesen hatte, war alles vertreten. Diese Bandbreite und die Tatsache, drei Referenten in unmittelbarem Vergleich zueinander erleben zu dürfen, verhießen ein anregendes Wochenende. Wahrscheinlich ging einigen Teilnehmern auch die Frage durch den Kopf, ob einer der Referenten die anderen wohl auf die Ränge verweisen würde.
Das Programm versprach nicht nur eine kritische Würdigung der Leistungen Karl Mays, sondern auch Aufschluss darüber, was Fantasie und was Wirklichkeit war, wie es mit Mays Reiseerfahrungen in Amerika und im Orient aussieht, was es zu seinen Wertvorstellungen zu berichten gibt und welche Klischees und Vorurteile über ihn im Umlauf sind. Eine Zusammenstellung, die selbst eingefleischten May-Kennern Anreiz bot, sogar aus der Schweiz den Weg nach Freiburg auf sich zu nehmen.
Der erste Referent, Maschinenbau-Ingenieur Prof. Manfred Schlatter, trat seinen Vortrag nicht nur mit dem Thema „Karl May und der Wilde Westen“, sondern auch mit einer Überraschung an. Er stellte den Teilnehmern in aller Kürze die Fülle des von ihm vorbereiteten Materials vor und ließ diese dann entscheiden, mit welchem Thema er anfangen solle. So bekamen die Hörer dann zuerst einen per Powerpoint äußerst reich mit Bildern unterlegten Abriss über Mays Biografie geboten, bei dem der Referent Karl Mays Lebenszyklus auch in Form eines Kreisdiagramms an die Leinwand warf. Diese Art der Darstellung war ergreifend, wurde so doch auf einen Blick sichtbar, welch großer Teil von Mays Leben verging, bevor er endlich produktiv wurde und sich seinen Erfolg erschrieb. Über Karl Mays Bücher und seine Arbeitsweise gab es ebenfalls viel zu erfahren, zumal die Handlungsstränge der Erzählung „Der Geist des Llano estakado“ im Verlauf des Vortrags in ihre Einzelheiten zerlegt wurden. Dank der Powerpointunterstützung war gut nachvollziehbar, wie May verschiedene Handlungsstränge einführte, lehrreiches Wissen über Naturerscheinungen in seinen Text hinein packte, und die diversen Handlungen letztendlich verknüpfte. Selbstverständlich wurde auch Karl Mays Amerikareise im Jahre 1908, wo er sich nicht im wilden Westen, sondern im friedlichen Osten Amerikas aufhielt, angesprochen, bevor ein Blick auf die May-Verfilmungen der 1960-er Jahre Anlass bot, auf das Thema Indianer überzuleiten. Prof. Schlatter, der sich nicht nur leidenschaftlich mit Karl May, sondern auch mit der nordamerikanischen Urbevölkerung beschäftigt, hätte wohl allein zu diesem Thema noch stundenlang referieren können. Tatsache ist, dass sein Vortrag derart interessant und abwechslungsreich war, dass die Zuhörer gar nicht bemerkten, dass die veranschlagten drei Stunden - von einer kleinen Pause unterbrochen - bereits ins Land gezogen waren. Für die Karl-May-Insider im Publikum war am Ende des ersten Vortrags klar, dass man sich den Namen dieses Referenten, der in der Szene zuvor noch nie mit einem Karl-May-Thema in Erscheinung getreten war, aufgrund seiner sehr unterhaltsamen didaktischen Fähigkeiten merken sollte. Den örtlichen Karl-May-Freundeskreisen sei dies als Tipp ans Herz gelegt.
Dem gastgebenden Waldhof e.V. kann man nur dankbar sein, dass es ihm durch die Auswahl der Referenten gelang, einen bunten und abwechslungsreichen Mix zu bieten. Nach dem Abendessen oblag es Privatdozent Dr. Thomas Kramer, der als Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Kinder- und Jugendliteratur der Humboldt-Universität Berlin tätig ist, die Zuhörer trotz gefüllter Mägen bei der Stange zu halten. Dr. Kramer, der am frühen Morgen in Hohenstein-Ernsthal aufgebrochen war, um am Abend in Freiburg zu sprechen, bot eine Lesung aus seinem Buch „Karl May: Ein biografisches Porträt“, das im Oktober 2011 im Herder Verlag erschienen war. Mit viel Geschick knüpfte er an den Vortrag seines Vorredners an und las diverse Auszüge aus seiner Karl-May-Biographie. Wer diese bereits gelesen hat oder einer seiner Lesungen lauschen konnte, wird mit Sicherheit bescheinigen, dass es ihm gelang, eine packende und berührende Biografie zu schreiben. Ein Schwerpunkt seiner Ausführungen zum tragischen und von vielen Brüchen gezeichneten Leben Karl Mays lag beim sogenannten Spätwerk und bei Mays letzten Lebensjahren, die von Angriffen auf sein Werk und seine Person geprägt waren, bevor auf Mays letzten öffentlichen Auftritt eingegangen wurde. Am 22. März 1912 erlebte Karl May nochmals jubelnde Anerkennung, als er auf Einladung des Akademischen Verbands für Literatur und Musik in den Sofiensälen in Wien vor ca. 2.000 Zuhörern einen Vortrag zum Thema „Empor ins Reich des Edelmenschen!“ hielt. Dass Karl May eine Woche später am 30. März 1912 verstarb, ist zwar traurig, war aber konkreter Anlass der kritischen Hommage, über die es hier zu berichten gilt.
Dr. Kramer gelang es, die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer derart zu fesseln, dass die vom Abendessen her gefüllten Mägen keine Oberhand erlangen konnten. Die Teilnehmer waren bis zum letzten Wort mit vollem Interesse beim Thema. Nach Schluss der beiden ersten Vorträge setzten sich dann noch einige Karl-May-Freunde mit zwar vollem Kopf, aber der Überzeugung, großartige Stunden erlebt zu haben, zu einem Umtrunk und zu Gesprächen über ihren Lieblingsschriftsteller zusammen.
Am folgenden Tag ging es dann in die dritte Runde. Nunmehr nahm sich der Rechtsanwalt Dr. Marcus Jurij Vogt, der im Nato-Auftrag als Stabsoffizier mit Erfahrungen als Mediator auf der Balkanhalbinsel und am Hindukusch im Einsatz war, des Themas „Karl May und der Orient“ an. Hierbei ging es um das Bild des Orients und des Islams in den Romanen Mays und um Mays persönliche Erfahrungen auf seiner Reise dorthin in den Jahren 1899/1900. Zum Einstieg war es erst einmal angebracht, sich Gedanken darüber zu machen, was denn unter Orient zu verstehen ist. Recht bald wurde den Teilnehmern deutlich, wie wenig greifbar dieser Begriff für sie war. Dies erklärte sich letztendlich dadurch, dass dessen Bedeutungsspektrum im Laufe der Geschichte mehrfach eine Wandlung erfuhr. Während der Begriff Orient früher die gesamte asiatische Welt, also einschließlich China, umfasste, zählte man später nur Vorderasien mit Ägypten und den meisten islamischen Ländern dazu. Heute beschränkt man den Begriff Orient hingegen auf den Nahen Osten und die arabisch-islamische Welt (also einschließlich Nordafrika). Gar mancher war dann auch überrascht, dass man den Orient sogar kurz hinter Wien beginnen lassen kann, da sich das „Reich des Großherrn“ ja bis dorthin erstreckte.
Dass Karl May für seine große Orientreise in den Jahren 1899/1900 etwa 50.000 Mark ausgab, nahmen die Zuhörer zuerst einmal so hin. Erstaunen machte sich jedoch breit, als vorgerechnet wurde, dass dies nach heutiger Kaufkraft ungefähr einer viertel Millionen Euro entspricht. Dass sich den Ausführungen zur Orientreise die Hintergründe um den „Et in terra pax“-Text anschlossen, den Karl May wie einen „Trojaner“ in einem hurrapatriotischen Werk unterbrachte, ist verständlich. Anschließend fiel der Blick dann auf religiöse Aspekte, wobei es nicht nur um Karl Mays Einstellung zum Islam, sondern aufgrund gezielter Nachfragen aus den Reihen der Hörerschaft auch um seine Anschauungen zu Naturreligionen ging. Letztendlich führte dann eine Frage aus dem Publikum zu Karl Mays Glaubensbekenntnis vom Dezember 1906, was einen Abschluss des Referats ermöglichte, wie man ihn sich schöner nicht hätte wünschen können. Da Karl May in diesem Glaubensbekenntnis eine überkonfessionell-ökumenische Haltung vertritt, mit der er seiner Zeit deutlich voraus war, konnte der Referent darauf hinweisen, dass solch ein „seiner Zeit voraus zu sein“ bei bedeutenden Dingen etwas mit Genius zu tun hat. Und da es sich bei Karl May um eine Person mit einer unbestreitbar überragend schöpferischen Geisteskraft gehandelt hat, der auf dem Gebiet der Schriftstellerei besonders herausragende Leistungen wahrlich nicht abzusprechen sind, endete das Referat und somit auch die Veranstaltung mit der Feststellung, dass Karl May mitunter Geniales charakterfest auf den Punkt brachte. Eine Aussage, die zu diesem Zeitpunkt auch anfangs skeptische Teilnehmer unterschrieben hätten.
Die zu Beginn der Veranstaltung im Raum stehende Frage, welcher Referent denn wohl den besten Vortrag liefern und am meisten überzeugen würde, fand mit dem Ende der Vorträge dann auch ihre Antwort. Alle drei machten das Rennen, keiner hatte den anderen etwas voraus. Dies lag zum einen an der Qualität der Referenten an sich und zum anderen an der glücklichen Mischung der Themen und der unterschiedlichen Vortragsstile. Für die Sache Karl Mays war die Veranstaltung jedenfalls ein Plus, da nicht nur die Kenner und Liebhaber Mays, sondern alle Zuhörer auf ihre Kosten kamen.
Michael Rudloff


Einige Teilnehmer des zweitägigen Seminars
 
   
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