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Größe - Größenwahn - Karl May
Größe – Größenwahn - Karl May
Das im Karl-May-Verlag erschienene Buch „An der Quelle des Löwen“ enthält ein sachkundiges Vorwort von Karlheinz Eckardt. Eine leicht ironische Anmerkung, die dort enthalten ist, gab den Impuls, der Frage nach der Körpergröße des Heldens meiner Jugendträume (denn Kara Ben Nemsi, Old Shatterhand und Karl May waren einst ein und dieselbe Person für mich) nachzugehen.
Doch zuerst zur Bemerkung im Vorwort von Karlheinz Eckardt, über die ich gestolpert bin. Mit Bezug auf den Bärentöter und die Kostümfotos von Alois Schießer schreibt Eckardt: „Mit der Verbreitung dieser Aufnahmen beging er [Karl May] allerdings einen verhängnisvollen Fehler: Die Fotos zeigen ihn mit dem auf den Boden aufgestellten Gewehr; da die Länge des Bärentöters durchaus bekannt war, konnte durch die besagten Fotos eine Körpergröße Karl Mays von ungefähr 1,63 Meter angenommen werden.“
War Old Shatterhand, sorry, war Karl May denn wirklich nur 1,63 Meter groß?
Der XXIII. Jahrgang (1896/97) der katholischen Zeitschrift „Deutscher Hausschatz in Wort und Bild“ enthält in den Nummern 1 und 2 die autobiografische May-Erzählung „Freuden und Leiden eines Vielgelesenen. Von Dr. Karl May.“, eine amüsant-skurrile Selbstdarstellung, die hiermit wärmstens zum Nachlesen empfohlen wird. Dort beantwortet „Old Shatterhand a.D.“ – so der Titel einer KMV-Bearbeitung des Textes, die früher im Band 48 der Gesammelten Werke (Das Zauberwasser) enthalten war – einige der vielen Fragen, die ihm immer wieder von seinen Verehrern vorgelegt wurden. Unter anderen heißt es: Meine Gestalt ist schlank, sehnig; ich bin 166 Centimeter hoch und wiege 75 Kilogramm.
Nun kann man die Meinung vertreten, die Differenz zwischen den 1,63 Metern, die Karlheinz Eckhardt anführt, und den von Karl May erwähnten 166 Zentimetern, sei der Rede nicht wert. Man kann sie aber auch kurzerhand dem sattsam bekannten „Größenwahn“ Mays (gemeint ist hier sein Hang zur Flunkerei, um sich besser und größer darzustellen) zuschreiben und die Sache damit für erledigt erachten. Besser dürfte es jedoch sein, den Versuch zu unternehmen, die Angelegenheit näher zu ergründen. In diesem Fall wäre es wertvoll, Mays Körpergröße aus einer neutralen Quelle zu erfahren. Auszuschließen sind somit Angaben von Karl May selbst, aber auch diejenigen des KMV, der seit 1997 im KMV-Band 79 („Old Shatterhand in der Heimat“) den Freuden-und-Leiden-Text mit 166 Zentimetern abdruckt, diesen Text früher (seit 1927) jedoch im bereits erwähnten Band 48 in bearbeiteter Form mit der Größenangabe 170 Zentimeter verbreitet hat.
Klaus Farin nahm dies zum Anlass, in seinem 1992 erschienenen Buch „Karl May. Ein Popstar aus Sachsen“, mit Bezug auf andere vom KMV vorgenommene Textveränderungen anzumerken: „Da erscheint es fast schon wieder logisch, wenn im gleichen Zuge Mays von ihm selbst auf 166 Centimeter datierte Körpergröße auf >>170 Zentimeter hoch<<verlängert wird.“
Nachdem wir mittlerweile zwischen 163, 166 und 170 Zentimeter wählen können, ist es an der Zeit, einmal einen Blick in die Steckbriefe zu werfen, die im Zusammenhang mit Mays Straftaten publiziert wurden. Im Königl. Sächsischen Gendarmerieblatt vom 23.7.1864 wird die Größe des zur Fahndung ausgeschriebenen unbekannten Betrügers mit 68 – 69 Zoll angegeben. In den in den Ausgaben des Gendarmerieblattes vom 21.12.1864 und 2.4.1869 veröffentlichten Steckbriefen heißt es jeweils 72 Zoll und im Steckbrief vom 13.4.1869 etwas ungenau „Größe: mittel“. Zirka 70 Zoll gibt der Steckbrief vom 8.6.1869 an, und wiederum „Größe: mittel“ steht im Steckbrief vom 18.6.1869. Mag man all diesen Angaben noch mit einem gewissen Maß an Skepsis begegnen dürfen, so ist die Angabe im Steckbrief aus der „Leipziger Zeitung“ vom 31.7.1869 – hier wird nach dem während eines Gefangenentransportes entwichenen Karl Friedrich May gefahndet – zweifellos korrekt. Die Größe des entwichenen Gefangenen wurde dort mit 72 Zoll angegeben. Die gleiche (mit Sicherheit korrekte) Größenangabe enthält auch die Mitteilung der Waldheimer Anstaltsdirektion vom 1.5.1874, mit der dem Pfarramt in Ernstthal die Entlassung Mays aus dem Zuchthaus angezeigt wurde.
Vor 1870 unterschied man in Sachsen zwischen den amtlichen Maßen in Dresden und in Leipzig. 1 Fuß entsprach in beiden Fällen 12 Zoll, für Dresden ergaben sich für einen Zoll (umgerechnet) 2,360 Zentimeter, für Leipzig 2,355 Zentimeter. Ab 1870 war dann grundsätzlich der Meter mit dezimaler Einteilung Grundlage für Längenmessungen, für Sachsen galt seither einheitlich, dass 12 Linien (1,9665 Millimeter) ein Zoll (2,3599 Zentimeter) ergaben.
Die Unterschiede zwischen dem alten Leipziger und dem alten Dresdner Maß einerseits und zwischen den alten Maßen und dem neuen Maß andererseits sind so gering, dass sie als vernachlässigbar gelten müssen. Selbst wenn die Königliche Anstaltsdirektion im Jahr 1874 noch mit den alten Maßeinheiten gerechnet hätte, ergibt sich sowohl nach Leipziger als auch nach Dresdner Maß eine Körpergröße von über 1,69 Meter. Unter Anwendung des neuen Maßes ergibt sich nichts Anderes, fraglich ist in allen drei Fällen nur, um wie viel Millimeter man sich den uns aus der KMV-Bearbeitung bekannten 170 Zentimetern nähert.
Durch die vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Änderung des KMV-Verlages von 166 Zentimeter auf 170 Zentimeter zwar nach wie vor als ein Eingriff in Mays eigenen Text zu betrachten ist, dieser aber offensichtlich nicht ohne Grund erfolgte (weitere mögliche Begründungen werden weiter unten im Text aufgezeigt). Ferner hat sich erwiesen, dass Karl May in Bezug auf die vorgenannte Angabe zu seiner Körpergröße vom Vorwurf des „Größenwahns“ freizusprechen ist. Im Gegenteil, es gilt zu erklären, weshalb er im Freuden-und-Leiden-Text nur 166 Zentimeter angegeben hat. Eine Erklärung könnte in der Tatsache liegen, dass zwischen beiden Angaben mehr als zwanzig Jahre liegen. Wir alle werden, wenn wir die Zeit des Wachstums hinter uns haben, im Laufe der Jahre nicht mehr größer, sondern kleiner. Ob dies in etwas mehr als zwanzig Jahren vier Zentimeter ausmachen kann, kann ich nicht beurteilen, doch mag Mays Knochenbau (ich erinnere an die krummen Beine) mit ursächlich gewesen sein [vgl. auch M-KMG Nr. 125 S. 7 ff. William E. Thomas: Karl May und Rachitis].
Es kann auf jeden Fall festgehalten werden, dass die oben zitierte Anmerkung von Karlheinz Eckardt im KMV-Band „An der Quelle des Löwen“ schlicht als pointierte Übertreibung aufzufassen ist. Oder war es eine Untertreibung? Das ist eine Frage, der hier nicht weiter nachgegangen werden soll. Wer sich aber weitergehende Gedanken zu Karl Mays Körpergröße machen will, dem sei der Artikel „Die 1 Meter 70-Story“ von Stefan Schmidt in den M-KMG Nr. 97, S. 3 ff zum Nachlesen empfohlen. Dort wird darauf hingewiesen, dass Karl May im Jahr 1908 in seinem Manuskript „Lebius, der ‚Ehrenmann’“ angab, dass er „doch 1 Meter 70 messe“ [siehe Jb-KMG 1983, S. 26 (Faksimile) bzw. S. 41 (Transkription)] und in „Ein Schundverlag und seine Helfershelfer“ (1909) schrieb: „Ich messe aber 1 Meter 70. In den Jahren 1910 und 1911 tauchen diese Größenangaben dann zum dritten und vierten Mal in den beiden Versionen des Schriftsatzes „An die 4. Strafkammer“ auf.
Der geneigte Leser mag sich fragen, ob denn Karl May seit dem Freuden-und-Leiden-Text wieder gewachsen ist? Oder hat er 1896 gar an einem unbegreiflichen Anfall von „Kleinenwahn“ (dieses Wort soll das Gegenteil von Größenwahn darstellen) gelitten? Beides ist zu verneinen, als Erklärung bietet sich die Vermutung an, dass er 1896 seine aktuell korrekte Körpergröße und später, während seiner Auseinandersetzungen mit Lebius, seine frühere Maximalgröße angegeben hat.
Auch der Verfasser dieses Textes beantwortet die Frage nach seiner eigenen Körpergröße i.d.R. mit jenem Wert, der einstmals zu Zeiten seines Militärdienstes (lang, lang ist es her) korrekt war. Diesen Wert kenne ich auswendig, für eine aktuell korrekte Angabe müsste ich erst nachmessen lassen. Dass das Ergebnis dann etwas geringer ausfallen würde, als es mir von „seinerzeit“ her im Gedächtnis ist, ist mir durchaus bewusst.

Michael Rudloff
 
 
   
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