Ein Sammler und eine Karl-May-Sammlung in Freiburg
Bei der ersten Zusammenkunft der Freiburger Karl-May-Freunde nach der Sommerpause im „Waldheim“ in Freiburg-Günterstal gab Michael Rudloff aus Gundelfingen mit Hilfe einer Power-Point-Präsentation einen systematischen Überblick über seine private Karl-May-Sammlung. In anschaulicher Weise und jeweils mit sozusagen „sprechenden“ Bildbeispielen wurde nicht nur ein bemerkenswerter und sachkundiger Überblick über eine ungemein gehaltvolle Spezialbibliothek von Originalschriften, Ausgaben und der wichtigsten Sekundärliteratur von den Anfängen bis zur Gegenwart vermittelt. Sondern die zahlreichen Teilnehmer des sich in den letzten zwei Jahren ausweitenden Freundeskreises konnten eine Art System der Sammelmöglichkeiten in punkto Karl May erfahren. Der Sammler ist nach Walter Benjamin ein unentwegter Kämpfer gegen die „Zerstreutheit“, welche nach dem engagierten Sammler entlegendster und auschlussreicher Fundstücke auf verschiedenen bibliografischen Gebieten das „verborgendste Motiv“ jedes Sammlertums sein soll: Die Verbindung des Zerstreuten, seine geordnete Zusammenstellung, bewahre Erinnerungen und Identität vor dem Verfall und dem Vergessen.
So gesehen war dieser Vortrag zugleich ein wichtiger und wohlstrukturierter Hinweis auf die vielfältigen Möglichkeiten, die sich in nuce am Beispiel einer profunden Bibliothek von, über und mit Karl May ergeben. Von den frühen Werken und Reprints, über die Romane für Jugendliche, die Gesamtausgaben beim Freiburger Verlag Fehsenfeld, beim Radebeuler und Bamberger Karl -May-Verlag bis hin zu den Illustrationen, den Biographien, den diversen neueren Ausgaben, den Fortsetzungen des Werkes in Print, Film, Fernsehen, Comic und in den anderen näheren oder entfernteren merkantilen Ausprägungen von Spielkarten bis zu Spielen und Computerspielen konnte fast jedes Sammelgebiet besichtigt werden. „Ich packe meine Bibliothek aus“ hat der Forscher, Philosoph und Kritiker Benjamin 1931 in der „Literarischen Welt“ nicht den Funktions- und Nutzwert in den Vordergrund gerückt, sondern Bücher als Gegenstände, die als Schauplatz, als „Theater ihres Schicksals“ studiert und geliebt werden. Diese Tiefendimension einer Sammlung wurde in der Präsentation Rudloffs ebenfalls deutlich. Wenn also der Freundeskreises seit seinem Bestehen die verschiedenen Aspekte des Werkes, der Philologie, der historischen, rechtshistorischen, literaturwissenschaftlichen, der lesenden, konsumierenden, biografischen, rezeptionswissenschaftlichen, sammelnden und sonstigen, dem Autor Karl May zuneigenden Betrachtung gewidmet hat, dann wird aus dieser heterogenen und wenn man so will, zerstreuten oder besser gesagt,vielseitigen und vielschichtigen Anschauung wiederum das einsehbar, was den überdauernden Reiz und die Faszination des vielseitigen, vielschichtigen und tiefsinnigen Autors – von der Kolportage bis hin zum mystischen und verschlüsselten Spätwerk – ausmacht. Der Freundeskreis möchte daher auch in Zukunft diese Mischung aus unmittelbarer Anschauung, aus literarischen, wissenschaftlichen, historischen und aktuellen Angebote in Vorträgen, Lesungen, Sammlungen nicht missen, sondern womöglich weiter pflegen. Gelegenheit dazu wird die Reihe der weiteren schon angekündigten Vorträge im „Waldheim“ und ein ansehnliches May-Symposium in der Akademie „Waldhof“, das wir der Anregung und Aktivität Dr. Schäfers verdanken, sicherlich auch in den letzten Monaten des Jahres 2013 und im Frühjahr 2014 bieten. Eine Ankündigung des Symposiums wird in Kürze erfolgen.
Albrecht Götz von Olenhusen